Der Tod der Anima
7. Februar 1968
Werner Zurfluh
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7.2.1968
Ich bin mit meiner »Anima« zusammen. So nenne ich eine in meinen Träumen immer wiederkehrende junge Frau mit meist blonden Haaren, die sehr hübsch ist und meiner Frau gleicht. Es erstaunt mich, daß zwischen uns ein derart harmonisches Einvernehmen besteht, denn ich erinnere mich, bei C. G. Jung gelesen zu haben, daß dies üblicherweise nicht der Fall sei. Wie in vielen anderen Träumen - an die ich mich jetzt (im Traum!) durchaus erinnern kann - bin ich erfüllt von einem tiefen inneren Frieden, einem Gefühl, das bis in den wachen Alltag hinein weiterschwingt und oft tagelang anhält.

Ich begleite sie zu ihrem Haus am Rheinsprung. In der physischen Wirklichkeit steht an dieser Stelle das ehemalige Gebäude der Universität Basel, in dem jetzt die Zoologische Anstalt untergebracht ist. Dieser Sachverhalt ist mir im Traum bekannt. Da ich in der Stadt noch irgendwelche Besorgungen zu machen habe, verabschiede ich mich und gehe. Nach einer unbestimmten Zeitspanne erhalte ich die Nachricht, daß die junge Frau gestorben sei. Eine Traurigkeit, wie ich sie noch niemals erlebt habe, überkommt mich. In tiefster Beklemmung eile ich zurück zum Haus, renne die Treppen hinunter und betrete das Schlafzimmer. Doch die Leiche der jungen Frau ist nirgends zu finden. Auf dem Bett sitzt nur eine mir nicht bekannte Frau mittleren Alters, die still vor sich hin weint. Ich trete zu der Unbekannten hin und versuche sie zu trösten, was mir aber nicht gelingt, da ich selber zu erschüttert bin.

Ohne Übergang wache ich im Bett auf. Die gleichen schmerzvollen Gefühle dauern mit unverminderter Heftigkeit an. Verwirrt und beunruhigt, versuche ich den Traum zu deuten; aber der Versuch beeinflußt meine Stimmung in keiner Weise. Der Zusammenhang zwischen dem Ort des Geschehens, dem Tod der »Anima« und dem Hinweis auf die Ähnlichkeit mit meiner Frau ist derart offensichtlich, daß es mir nicht gelingt, ihn wegzuinterpretieren.

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