Teufel und Engel -- Puppe und anima mundi
Teil 1


Werner Zurfluh
e-mail: Homepage Glossar

Es war das Mailing mit Christoph Roos zum Thema "Kung Fu" Puppe, das einige Aspekte zur Frage der Ambivalenz von Engel und Teufel hat sichtbar werden lassen. Der Text beruht somit auf den konstruktiven Beiträgen von CR und widerspiegelt die Diskussion im Zusammenhang mit dem folgenden Teil:

… Es ist ein mit viel Leder überzogenes und mit Spannfedern ausgestattetes mechanisches Ding, an dem Kung Fu Techniken geübt werden können. Vor Jahren -- als ich mit dem Kampf-Training begann -- hat es ein mir bekannter Mann hier aufgestellt. Nun probiere ich ein paar Nahkampftechniken mit dem Apparat aus -- es gelingt sehr gut. Bei all den Abwehrtechniken erinnere ich mich wieder an alte, schon vergessen geglaubte Zeiten. Und ich erinnere mich vor allem an alte Träume, die ich damals nicht aufgeschrieben hatte. …

Die Puppe ist eine Art Verkörperung eines imaginierten Gegners. Sie erlaubt es, Abläufe von Angriff und Verteidigung einzuüben und sozusagen mit dem Gegner zu "verschmelzen". Das Zusammenspiel des gemeinsamen Bewegungsablaufes folgt irgendwann und nach langem Üben nicht mehr vorgeschriebenen Figuren sondern tänzerisch "frei fliessend". Ursache (Angriff) und Wirkung (Verteidigung und Gegenangriff) sind dann kaum mehr zu unterscheiden (es könnte damit auch das Problem der Übertragung und Gegenübertragung angesprochen sein). Erstaunliche Erfolge lassen sich aber auch "linear" erzielen z. B. mittels einer "kurzen Geraden auf die Nase des Gegners" so unter dem Motto einer "von schmückendem Beiwerk befreiten Technik" ohne "unnötige rationale Erklärungsversuche".

Mak Jongg - Die Holzpuppe ist eine meist nur aus Kung-Fu Filmen bekannte Trainingsmethode. An keinem Trainingsgerät und mit keiner anderen Trainingsmethode lassen sich Schlagkraft, Koordination, Schnelligkeit und Präzision besser eintrainieren wie mit diesem Gerät. Das Training an der Holzpuppe verbessert die Fähigkeiten des Übenden enorm. Holzpuppentraining ist z. B. für gutes Ving Tsun unerlässlich.

Bei der Kung Fu Puppe sind -- anders als beim Tuntschi -- keine sexuellen Absichten mit im Spiel. Es geht zwar auch um ein "Einswerden" und "Verschmelzen" in einem Bewegungsablauf, aber mit anderen Zielen. Es geht um eine Auseinandersetzung und Wechselwirkung, bei der auch eine Art technisches Wissen in Bezug auf Bewegungskoordination vom physischen Körper auf den puppenhaften Zweitkörper übertragen wird. Allein schon der Ablösungsvorgang als solcher ist nämlich trainierbar. Aber zuerst muss erkannt werden, dass es durchaus möglich ist, einen Phantom- bzw. Zweitkörper sich ausbilden zu lassen. Und der Aufbau des "subtle body" verlangt nach einer Zusammenstückelung getrennter Teile und nach einer Verlebendigung des "Homunculus". Dies geschieht in einer eher materialistisch-positivistischen Form bei Frankenstein mit Leichenteilen und Elektrizität -- ohne den Einbezug all der Fragen im Zusammenhang mit der Bewusstseinskontinuität (BK). Ein toter physischer Körper wird zum Leben erweckt. Dies geschieht im Gegensatz zum Aufbau des "subtle body" auf einer materiellen Ebene. Es kommt dabei zu einer fatalen Verwechslung, die in Form des Cloning und des Einfrierens des Körpers zwecks Erlangung des "ewigen Lebens" -- der Unsterblichkeit -- zum Ausdruck gebracht wird. Dabei wäre es relativ einfach, sich -- wie das bereits im Geheimnis der goldenen Blüte beschrieben wurde -- auf die Ausbildung des Diamantkörpers (subtle body) zu konzentrieren und eine Bewusstseinsübertragung auf diesen zu bewerkstelligen. Aber das ist etwas, das wohl erst nach und nach klar werden kann und etliches an meditativer Arbeit und "Synchronisierung der gegengeschlechtlichen Seite" (Anima- bzw. Animusintegration) bedarf. Es muss auch genügend Bewusstseinsfestigung erreicht worden sein, damit der ambivalente (zweideutige) Aspekt der Gestalten gesehen werden kann, denen das Ich begegnet.

Die geschilderte Erfahrung widerspiegelt die Situation im Jahre 1981 -- und gewisse Fragen sind heute noch offen. Das BK-Konzept ist zwar ein Lösungsansatz zweiter Ordnung -- das war mir klar. Ob allerdings alle damit verbundenen Implikationen von mir bedacht wurden? Ob z. B. Engel und Teufel und alle sonstigen Betroffenen von den damit verbundenen Neuerungen der Fragestellung in Kenntnis gesetzt worden sind und wissen, was das für SIE als Vertreter der "anderen Seite" bedeutet? Wenn jenen Wesen nämlich eine vom Subjekt unabhängige Existenz im Sinne des selektiven Subjektivismus zugesprochen wird, ist das eine äusserst schwierige und letztlich nicht zu beantwortende Frage.

Die schamanistische Vermittlertätigkeit zwischen den Welten setzt voraus, dass "Traumgestalten" ein eigenes Bewusstsein und ein vom Menschen unabhängiges Wissen haben. Dieses Problem hat wohl mit der "anima mundi" (Weltseele) zu tun und betrifft sowohl das kollektive Unbewusste (C.G. Jung) wie auch die moderne Physik. Remo F. Roth hat darüber einiges geschrieben und bezeichnet die anima mundi als

»co-aetern (gleich ewig) mit dem christlichen Gott und daher ein increatum (ein Ungeschaffenes). Dies heisst speziell, dass sie ein dem christlich-männlichen Gott ebenbürtiges weiblich-göttliches Prinzip darstellt. Sie findet sich im alten Testament als Sophia oder Sapienta Dei, in der Kabbalah erscheint sie als die sogenannte Schechina, welche jedoch ins Exil verbannt wurde. Im Katholizismus besitzt die Gottesmutter Maria gewisse Eigenschaften der Weltseele, kann deren umfassendes Wesen allerdings bei weitem nicht ausfüllen. Im Hinduismus erscheint sie als der weibliche Aspekt der Trimurti (Trinität) Brahma, Vishnu und Shiva, als deren Shakti.«

Remo F. Roth erörtert in seinem Text auch religionspsychologische, naturphilosophische, energetische, geometrische und räumliche Aspekte. Doch von besonderem Interesse in Bezug auf die Erfahrung vom 18. April 1981 ist der Aspekt der Ambivalenz und der Zweiheit, denn die Ambivalenz der "anima mundi" »zeigt sich darin, dass sie einerseits das Erlösende, Ordnende, andererseits aber zugleich das Zerstörende und Chaos Bringende darstellt« (ibid.) -- sie ist ein teuflischer Engel bzw. ein englischer Teufel.

Die "Weltseele" (anima mundi) »ist sichtbar und unsichtbar und kann zwischen diesen beiden Zuständen hin- und herwechseln. Sie ist Feuer und Wasser, daher auch die Vereinigung dieser Gegensätze, das heisst, das Siegel Salomos. Weiter ist sie sowohl zerteilt als auch unzerteilt, ja sie ist gleichzeitig physisch und psychisch, Geist-Seele und Materie und derart auch keines von beidem sondern ein Drittes, das in der Vorstellung des Mittelalters dem hinter der Spaltung von Physis und Psyche liegenden unus mundus, der potentiellen Welt vor der Schöpfung, entspricht« (ibid.).

Eine Widerspiegelung des "Dritten" ist nun auch die Kontinuität des Bewusstseins (BK). Die BK ist ein "tertium", eine Lösung zweiter Ordnung und betrifft sowohl den Menschen als solchen als auch den psychoiden Aspekt des kollektiven Unbewussten, den C.G. Jung »in seinem Spätwerk dem unus mundus und dessen energetischem Aspekt, der anima mundi« (ibid.), gleichgesetzt hat.

»Dies impliziert die ausserordentlich wichtige Tatsache, dass die tiefste Schicht des kollektiven Unbewussten sowohl psychisch als auch physisch ist, ja dass diese sogar eine Vereinigung von Psyche und Materie darstellt« (ibid.)

Zu beachten wäre m. E. die Tatsache, dass es eine "vertikale" Verbindung zwischen den Welten gibt. Diese Vertikale wird durch die BK vermittelt. Was Remo Remo F. Roth in Die alchemistische Weltseele, das kollektive Unbewusste C.G. Jungs und die Konzepte der modernen Physik zur Erlösung der Weltseele schreibt, gleicht der Problematik der BK und der OOBE. Dieser Zusammenhang soll im Folgenden aufgezeigt werden:

(RFR) Die Weltseele bringt einerseits die Erlösung, andererseits ist sie selbst erlösungsbedürftig.

(wz) Die Weltseele ist einerseits Ursprung und Quelle der Bewusstheit und erwartet andererseits, dass der Mensch als bewusstseinskontinuierliches Wesen ihr begegnet und mit ihr wechselwirkt.

(RFR) Die Alchemisten beschreiben dieses Paradox, indem sie das rotundum, das heisst die Weltseele, einerseits als Lösungsmittel (als "Wasser" und "Feuer" ist sie Lösungsmittel, das heisst "Erlösung"), andererseits als das zu Lösende (als Stein, Metall, "Erde" ist sie das zu Lösende, das heisst das zu Erlösende) darstellen.

(wz) Die BK als solche ist ein Paradox, denn sie scheint mit dem Wachzustand des Körpers identisch zu sein. Dennoch ist sie völlig unabhängig vom jeder Körperlichkeit. Als jemand, der die Ausserkörperlichkeit schon mehrmals erlebt hat, habe ich etliche Zweifel an der Korrektheit von umgangssprachlichen Bezeichnungen wie "schlafen" und "wachen" oder "tot'' und "lebendig". Ich weiss auch nicht genau, wie es letzten Endes mit der Identität von Körperzustand und Ich-Bewusstseinszustand steht. All zu oft habe ich schon gewissermassen von ausserhalb den "Bruder Esel" d.h. meinen physischen Leib, im Bett liegen sehen und ihn mit meinen Zweitkörper oder auch mit anderen Körpern verglichen, mit denen ich mich jeweils im ausserkörperlichen Zustand bewegte. Und die von mir selten erlebte Existenz als körperloser Bewusstseinspunkt ist mit irgendeiner Art von Körperlichkeit überhaupt nicht mehr vergleichbar.

… Die Verwandlung zur Unsichtbarkeit geschieht durch Gestaltänderung in ein "Energiefeld" . Dabei bleiben merkwürdigerweise die Unterschenkel und Füsse - wenigstens für mich - sichtbar. Es sieht dann so aus, als würde ich in Kugelgestalt auf ganz kurzen Stelzen in einem Blumenbeet hocken. …

"Diesseits und Jenseits von Gut und Böse" in: Quellen der Nacht S. 244-251

Die unausgedehnte, punktuelle Existenz führt letztlich zur Frage: "Wer lebt und stirbt denn eigentlich?", also zur berühmten Frage: "Wer bin ich?" vgl. Die Körperunabhängigkeit des Ich - eine Erfahrungsgewissheit.

Wenn das Ich sich als Bewusstseinspunkt erlebt, erlebt es sich als kugelförmigen BK-Punkt, als ein rotundum. Die Frage "Gibt es ein Leben nach dem Tod?" kann somit beantwortet bzw. gelöst werden, denn die "nicht-körperliche" Existenz wird zur gefühlsmässig gesicherten Erfahrungsgewissheit.

(RFR) Die anima mundi schläft in der Materie. Sie sehnt sich als göttliche Geliebte nach dem Menschen, der sie aus der mater materia erlösen soll.

(wz) Auch der "subtle body" schläft im physischen Körper und wartet darauf, aus diesem "Gefängnis" frei zu kommen. Eben dies geschieht bei einer OOBE.

(RFR) Die erlöste und befreite Weltseele wird mit Hilfe des Symbols der Rotation dargestellt.

(wz) Der Austritts- bzw. (Phantom-) Körperablösungsvorgang geschieht oft vermittels einer Rotationsbewegung oder zumindest einer Art Drehung. Auch wenn der Austritt "linear" geschieht, kommen die gewohnten Vorstellungen des Ichs zu Beginn arg ins "Rotieren", denn die Weltanschauung wird "auf den Kopf gestellt". Alles scheint verkehrt, widersprüchlich und in höchstem Masse ambivalent. Es kommt zu einem "oszillierenden" Auf und Ab, zu einer schwindelerregenden Spiralbewegung bzw. Schwingung, zu einer stark verunsichernden Auf- und Abwärtsbewegung.

Da jede Schwingung um eine Gleichgewichts- oder Ruhelage ausführt wird, muss der "Massenpunkt" -- sozusagen der Polarstern -- gefunden werden. Dieser ist jedoch nicht körperlich, sondern "virtuell" -- es ist die BK.

Rotierende Bewegungen aller Art sind oft Auslöser für die "Ablösung des Zweitkörpers vom physischen Körper". Das Hin- und Herwiegen des Körpers beim Tanzen. Das Gagele als rhythmisch-stereotype Bewegung des Kopfes und Nackens in der Übergangsphase zum Schlaf (Jactatio capitis nocturna) "lockert" die Verbindung zum physischen Körper. Die sich um die eigene Achse drehenden, tanzenden Derwische versetzen sich "wirbelnd" in den ekstatischen Zustand. Zu erwähnen sind auch Wendeltreppe, spiralförmigen Steinkreise ("Stargate"), die offenbar mit Initiationsriten in Verbindung standen, DNS-Spirale, Labyrinth und die rotierende Kanne. Jede der mit den eben bezeichneten Dingen verknüpften Bewegung führt zu einer Art "Lösung zweiter Ordnung" bzw. zu einer quantensprungartigen Änderung.

(RFR) Wenn die Menschheit vor die schicksalshafte Aufgabe gestellt ist, die Weltseele aus der Materie oder aus dem menschlichen Körper zu erlösen, wird sie vorerst vom Aspekt der ambivalenten Zweiheit der Weltseele fasziniert sein.

(wz) Der "subtle body" gehört -- wie der physische Körper -- zum Menschsein. Er ist als "zweiter Leib" bzw. als Phantomkörper immer schon vorhanden. Dies zeigt sich bei extremen Ereignissen wie z. B. Bergabstürzen, schweren Autounfällen und Operationen. Falls die Betroffenen überleben, erzählen sie oft von ausserkörperlichen Erlebnissen -- von Nahtodeserfahrungen. Es wäre nun wichtig, den "subtle body" BEWUSST "aus der Materie" zu erlösen, ihn als "Diamantkörper" heranwachsen zu lassen und zu lernen, das Ich als bewusste Entität auf diesen zu übertragen. Diese "Bewusstseinsübertragung" kann nämlich OHNE Unterbruch der Bewusstheit geschehen -- bewusstseinskontinuierlich (bk). Dies ist allerdings nicht immer einfach zu bewerkstelligen, denn es gilt, nach und nach zu lernen, NICHTS mehr zu verdrängen, weder Persönlichen noch Familiäres (familienneurotische "Erbschaften") noch Gesellschaftliches.

(RFR) In der Quantenphysik setzte sich diese unbewusste Faszination insofern durch, als sie die Oszillation als dominantes Prinzip zur Erklärung ihrer Phänomene auswählte.

(wz) Der Zustand der Unerlöstheit lässt sich nicht so nebenbei beheben. Die Physik versucht dies auf ihre Weise mit dem mathematischen Formalismus des harmonischen Oszillators und schliesslich mit dem Neutrino (bzw. Antineutrino). Aufgrund der scheinbaren Verletzung der Energieerhaltung in Zusammenhang mit dem beta-Zerfall ergaben sich etliche Probleme und Zweifel. Die geniale Lösung von Wolfgang Pauli bestand darin, ein neues Teilchen zu postulieren -- das Neutrino.

(RFR) Es verwundert daher nicht, dass Pauli vom Phänomen der Oszillation geradezu verfolgt wurde. Er hatte ja selbst das oszillierende Neutrino in die Welt gesetzt, das in einer tiefenpsychologischen Terminologie der Konstellation der Erlösung der Weltseele aus der Materie entspricht. Ein wesentlicher Teil seiner Korrespondenz mit C.G. Jung wird daher von diesem Thema beherrscht.

(wz) Mit einem mathematischen Formalismus ist es kaum möglich, sich der ERFAHRUNG der "Ausserkörperlichkeit" anzunähern. Wolfgang Pauli war bei C.G. Jung in Analyse (einige seiner Träume sind im Buch "Psychologie und Alchemie" (GW 12) publiziert) -- und er war ein Gründungsmitglied des C.G. Jung-Institutes.

dormiens vigila

rechts: Detail der linken Abb. (Mitte) Laboratorium und Oratorium (Khunrath, Amphitheatrum sapientiae aetaernae (1604)) (vgl. z B. in: C.G. Jung, Psychologie und Alchemie GW 12 (Olten: Walter, (2. Aufl. 1952) 1972 Abb.. 145 S. 336). Dieser Bildteil wird wohl meistens übersehen. Zu beachten wäre auch, dass die Tür auf der anderen Seite des "Schlafraumes" OFFEN steht und "nichts" dahinter zu sehen ist.

dormiens vigila

C.G. Jung hatte das "dormiens vigila" (den "Wachschlaf" bzw. den luziden Traum) der Alchemisten ebenso übersehen wie die vielen alchemistischen Darstellungen der Ausserkörperlichkeit, insbesondere des Austrittvorganges. (Die androgyne Gestalt der beiden unteren Abb. weist darauf hin, dass VOR der OOBE die gegengeschlechliche Seite (Anima bzw. Animus) integriert sein muss (sollte) -- die conjunctio muss geschehen sein.) (Bild aus dem Rosarium von 1550)

links: Emblem 7: Extractio bzw. putrefactio der Seele. rex (König) und regina (Königin) sind zu einem zweigeschlechtlichen (hermaphroditischen) Wesen verschmolzen und liegen wie tot (bzw. im kataleptischen Zustand) in der mit Wasser gefüllten Grabstätte. Ein kleiner männlicher Geist steigt auf in den wolkenbedeckten Himmel (führt schliesslich zum weissen Stein).
rechts: Emblem 14: Fixatio (vgl. Emblem 7) -- ein kleiner weiblicher Geist steigt auf in den wolkenbedeckten Himmel (führt schliesslich zum roten Stein).

(RFR) Das Ziel, die Erlösung der Weltseele, wird in der Alchemie auch dargestellt als die sogenannte coniunctio, die Vereinigung des weiblich-göttlichen mit dem männlich-göttlichen Prinzip. In ihr wird der Zweiheitsaspekt, die Oszillation, in den Einheitsaspekt der Weltseele übergeführt. Dieser Zustand wird dargestellt durch die Rotation. Diese Rotation muss man sich dabei als rechtshändig vorstellen, denn die Weltseele sitzt auch am Nordpol und ist derart mit der rechtsläufigen Rotation der Erde verbunden. Diese erinnert spontan an den rechtsläufigen Spin des Antineutrinos und die damit verbundene, im Jahr 1956 entdeckte Paritätsverletzung, die Pauli derart tief erschütterte, dass er zwei Jahre danach völlig überraschend starb.

(wz) Tatsächlich geht es als erstes darum, eine Verbindung zum weiblichen bzw. zum männlichen Prinzip herzustellen und diese in Einklang zu bringen. Diese beiden Prinzipien werden in der Alchemie als "König und Königin" dargestellt und sind in dieser Form auch bei mir immer wieder in den Träumen aufgetreten, z. B. am 8. September 1971.

… Nun bin ich im Basler Münster über eine Treppe bis zur Basis des linken Turmes hinaufgestiegen. Es ist der dem Martinsturm gegenüberliegende Georgsturm. Ich laufe den schmalen Weg am Gemäuer entlang.

An der Stelle, wo die Mauer etwas zurücksetzt und das Dach des Mittelteils aufragt, ist eine in der Alltagswirklichkeit nicht vorhandene grössere Nische, in der ein mit einem hohen Eisenzaun umhegtes Grabmonument steht. Ich klettere über den Zaun, obwohl dies offensichtlich -- auf einem Schild ist's zu lesen -- untersagt wird. Der eingezäumte Bereich dürfte also nicht betreten werden. Ich kümmere mich nicht ums Verbot, überklettere das Gitter und gehe hin zur Mitte. Da liegt ein wenig erhöht eine aus Stein gehauene Königin. Ihre Hände sind gefaltet, der rot bemalte Mantel schmiegt sich wohlgeordnet dem schlanken Körper an. Nur die Füsse schauen unten heraus. Der Mantel ist pastellfarben und das vorherrschende matte Rot sieht der Naturfarbe des Sandsteines sehr ähnlich. Ein paar goldene Linien sind aufgemalt und geben dem Ganzen ein eindrücklich feierliches Aussehen. Die Gestalt der Königin ist fein und zierlich. Die Steinstatue maximal 150 Zentimeter lang -- und bestimmt etwas kleiner als die Frau in Wirklichkeit gross gewesen war.

Wie ich mich über das wunderbare Steingebilde genauer ansehe, entdecke ich zu meinem grössten Erstaunen im Schossbereich zwischen Uterus und Vaginalzone eine quadratische Öffnung. Es ist ein Loch, das den ganzen Körper durchdringt. Ich beuge mich vor und äuge verblüfft in die Tiefe. Niemals hätte das jemand ohne Überklettern der Absperrung sehen können! Gute zwanzig Meter weiter unten liegt eine zweite Steinstatue.

Ein König, offensichtlich ist es der Gemahl. Und exakt an derselben Stelle, nämlich im Geschlechtsbereich der männlichen Gestalt ist wiederum ein Loch -- genau gleich ausgerichtet wie das obere und mit diesem eine virtuelle Vertikale bildend. Unglaublich! Die Statue als solche ist effektiv grösser als der König in Wirklichkeit gewesen sein mag - etwa zwei Meter lang, vielleicht auch mehr. Was weiter unten -- also gewissermassen jenseits des Loches -- sein mag kann ich nicht erkennen, denn dort ist kein Licht. Es könnte eine unterirdische, geheimnisvolle Gruft sein. Ich beschliesse, jenen unbekannten Bereich zu erkunden. Ein wenig graut mir davor!

Mittlerweile ist aber auch ein Knabe über den Zaun geklettert. Schnell geht er zu einem eisernen Bodengitter neben der Statue und hüpft dann auf dem Rost wie auf einem Trampolin auf und ab. Ich rufe ihm zu: "Hör auf damit! Das Gitter kann durchbrechen. Die lauten Geräusche werden unten im Kirchenraum jemanden darauf aufmerksam werden lassen, dass unbefugterweise Leute da oben sind."

Zu spät -- Schritte sind auf der Steintreppe zu hören. Schnell versuche ich, den Eisenzaun zu überklettern und den heiligen Bezirk, den Temenos, zu verlassen. Doch es gibt etliche Schwierigkeiten beim Übersteigen. Es dauert zu lange! Der Mesner erwischt mich und fordert mich barsch auf, ihm zu folgen. -- Schritt für Schritt steige ich hinter ihm die Treppen hinab bis in den Kirchenraum hinunter. Wir durchqueren diesen und setzen uns auf eine Steinbank unter einem Kirchenfenster.

Ich versuche, dem Kirchendiener klarzulegen, weshalb ich trotz des herrschenden Verbotes den umgrenzten Kreis betreten hatte. Er wird nämlich von einer Anzeige nur dann absehen, wenn es mir gelingt, ihn von meiner lauteren Absicht zu überzeugen. Würde der Mann mich beschuldigen, so wären die Auswirkungen für mich äusserst fatal. Zwar weiss ich nicht, welche Konsequenzen dieser "Tabubruch" haben könnte, aber er würde bestimmt als Hochverrat gelten.

Ich versuche, dem Kirchendiener klarzulegen, weshalb ich trotz des herrschenden Verbotes den umgrenzten Kreis betreten hatte. Er wird nämlich von einer Anzeige nur dann absehen, wenn es mir gelingt, ihn von meiner lauteren Absicht zu überzeugen. Würde der Mann mich beschuldigen, so wären die Auswirkungen für mich äusserst fatal. Zwar weiss ich nicht, welche Konsequenzen dieser "Tabubruch" haben könnte, aber er würde bestimmt als Hochverrat gelten.

Und noch während meiner Erklärungsversuchen beginne ich langsam die seltsame Anordnung der Grabmale zu verstehen. Zumindest kann ich dem aufmerksam zuhörenden Mesner klarlegen, dass diese Königin und ihr König ein äusserst wichtiges Symbol darstellen, welches man bis anhin noch viel zu wenig beachtet habe. Meine Entdeckung sei sehr wichtig und mein Vergehen wäre deswegen nicht sehr schlimm -- zumal bislang niemand verstehen konnte, weshalb in den Steinstatuen quadratische Löcher vorhanden sind.

Meine Argumente beeindrucken den Mesner immer mehr -- und auch ich bin nicht schlecht darüber erstaunt, welche Erklärungen mir jeweils im richtigen Augenblick einfallen. Schliesslich sagt der Mann: "Sie müssen ein grosser Psychologe sein, wenn Sie all diese Dinge haben bemerken können." Auch der Knabe sagt nun etwas, das in die gleiche Richtung zielt wie das vom Mesner eben Gesagte -- vielleicht will er ihn in seiner Meinung bestätigen.

"Nun denn, ich werde meine Psychologiestudien erst mit (oder sagte ich "in"?) etwa vierzig Jahren vollständig abgeschlossen haben. Zum jetzigen Zeitpunkt bin ich noch keineswegs ein ausgebildeter Psychologe."

Dann kann ich gehen. Auch der Knabe wird vom Mesner nicht mehr weiter beachtet. Gerade seinetwegen hatte ich mir grosse Sorgen gemacht, denn sein Herumspringen hätte bestraft werden können.

Auf dem Münsterplatz draussen bin ich alleine und denke über die Entdeckung nach. In mir reift der Entschluss, eine Arbeit darüber zu schreiben und mit einem Lot festzustellen und zu beweisen, dass die beiden Löcher exakt untereinander liegen.

König und Königin sind getrennt und dennoch irgendwie verbunden, denn die Löcher sind so angeordnet, dass sie eine virtuelle Vertikale bilden.

Remo F. Roth schreibt mir in der Mail vom 21.5.2003: "Damit werden "Logos-Selbst und Eros-Selbst beschrieben, die sozusagen zur coniunctio bereitliegen und durch ‚Quantenschläuche' verbunden sind. Ich erlebe diese in meiner IOBE, Du offensichtlich in der OOBE. Das Ganze lässt sich nur im "verbotenen Hain" beobachten. Das Quadrat dürfte sich auf den räumlichen Aspekt dieser Quantenschläuche beziehen, d.h. auf das, was ich die (nichtlokale) "Punktraum/Allraum-Identität" nenne, die in derartigen Beobachtungen erreicht wird. Es ist die multiplicatio des denarius im Rosarium. Was mich immer wieder erstaunt, und was ich noch nicht verstehen kann, ist die Betonung der Vertikalen in diesem Prozess. Wahrscheinlich heisst sie, dass uns diese Prozesse mit nichtlokalen Prozessen im Universum verbinden. Vielleicht könnte damit auch die imaginäre Achse der komplexen Zahlenebene gemeint sein, d.h. letztlich die potentielle Wellenfunktion, deren Kollaps (= coniunctio von Königin und König) wir dann in unseren inneren Prozessen beobachten. Diese entsprechen ihrerseits jener incarnatio, die Pauli und Jung so intensiv beschäftigt haben (s. Pauli/Jung Briefwechsel)."

Die Betonung der Vertikalen in diesem Prozess hat m. E. damit zu tun, dass dieser bzw. die Integration der männlichen und weiblichen Aspekte BEWUSST und somit OHNE "abaissement du niveau mental" (Minderung der Kontinuität der Bewusstheit (BK)) geschehen kann. Aber selbstverständlich deutet die Vertikale auch auf die Verbindung mit nichtlokalen Prozessen im Universum. Sie erinnert zudem an die "Quantenschläuche", die "Wormholes" und die "Syntropoden-Kanäle" von Burkhard Heim (1925-2001).

Der Physikers Burkhard Heim war 1978 als Direktor des Deutschen Forschungsinstitutes für Kraftfeldphysik und Kosmologie in Northeim tätig. Er hat ein kosmologisches Modell auf der Grundlage eines 6-dimensionalen einheitlichen Quantenfeldes mit zwei neuen Transdimensionen (R5 Wechselwirkungsvorgänge und ihre Änderungen und R6 Steuerung der Aktualisierung der R5-Strukturen in R4-Richtung) entwickelt. Bei Heim gibt es eine Struktur-Evolution, die von der Materie unabhängig ist. Einstein hingegen erklärt die Struktur-Evolution als Konsequenz eines Energieinhaltes von Raum und Zeit. Für Heim beschreibt Einstein damit nur die optische Grenze des Universums.

Die Vertikalverbindung erinnert auch an den "Syntropoden-Kanal" von Burkhard Heim. Seiner Hypothese zufolge ist es möglich, Informationsflüsse in den Transbereich auszusenden und an vorgebbare Ähnlichkeitsstrukturen synchronistisch anzupassen. Damit würden an bestimmten vorhersehbaren Stellen des Raum-Zeitkontinuums Projektionen in Erscheinung treten, die die verschiedensten Formen annehmen und eine Vielzahl physikalischer und paranormaler Effekte auslösen. Auch Illobrand von Ludwigers Hypothese besagt, dass über weite Distanzen mittels Syntropodenbrücken Informationen ausgetausch werden können. Syntropoden als Steuerungsmöglichkeiten in der sechsten Dimension erinnern an den medialen Prozeß der Informationsübertragung durch Raum und Zeit bzw. an die morphogenetischen Felder von Rupert Sheldake.

In Bezug auf OOBEs erinnern die "Quantenschläuche" an die Durchquerung eines tunnelartigen Gebildes, z. B. in Form eines Erdloches, Ganges oder einer Höhle. Die bildliche Umsetzung der Ablösung und des Ebenenwechsels ist bei einem Austritt oft das "Tunnel", denn ideoplastische Vorstellungen wirken sich besonders stark bei der Überschreitung von Zustandsgrenzen aus. Im Moment des Hinüberwechselns (z. B. vom innerkörperlichen in den ausserkörperlichen Zustand) geschieht etwas Objektives -- zumindest wird es so erlebt. Dieses Ereignis wird dann vom erlebenden Subjekt bildlich ausgeformt. Dabei kommen gesellschaftliche und individuelle Ideen zum Ausdruck, die mit jenem Erfahrungsfeld verbunden sind, in dem der Wechsel in irgendeiner Form eine Rolle spielt.

Ein blitzartiger Zustands- oder Ebenenwechsel ist für das Ich -- vor allem das unerfahrene -- "unvorstellbar". Es kann sich nicht mehr orientieren und wird bewusstlos. Tunnelvorstellungen sind in solchen Fällen ein Selbstschutz, der den Zerfall der Bewusstseins-Kontinuität verhindern hilft. Sie haben insofern einen Objektcharakter, als sie ebenso unentbehrlich sind wie Türrahmen, Röhren oder Glasfaserkabel. Die Konkretisierung des Überganges hängt nur von der Zustands- und Vorstellungsform ab, die das Ich einnimmt, um einen Ebenenwechsel zu vollziehen.

Das Ich als Bewusstseinspunkt braucht keinen äusseren Rahmen, um irgendwelche Leerstellen zwischen den Wirklichkeitsbereichen auszufüllen. Für das Ich in einem Zweitkörper müssen aber körperliche Gestaltungen vorhanden sein, die nicht im Widerspruch zur Zustandsform stehen. Um "leibhaftig" von einem Hier zu einem Dort zu gelangen, braucht es "handfeste" Übergänge. Derartige Konstruktionen sind aber durchaus entbehrlich - allerdings braucht es zur Verwirklichung der Formlosigkeit ein extrem stabiles Ich und einen Geisteszustand, der auf dem langen Weg der Gelassenheit schon ein gutes Stück voran gekommen ist. Formen können aber hilfreich sein, wenn es darum geht, einen horizontalen oder einen vertikalen Ebenenwechsel zu vollziehen.

Bei einer horizontalen Verlagerung kommt es meistens zu einer momentanen Überlagerung der Ebenen, zu einer Vermischung der Welten ("merging"). Dabei überblendet die eine Wirklichkeit die andere. Dämmerung, Nebel, einsetzender Regen und landschaftliche Übergangsformen, lockerer Baumbestand, verstreut herumliegende Felsen usw. eignen sich gut zur Darstellung des horizontalen Wechsels. Es gibt auch markante Grenzlinien und -zonen: Felsabsturz, Fluss, Mauer, Schlucht, Waldrand, Gebirge, Meer und Wüste. Zu erwähnen sind ferner: Gang, Fenster, Lift, Passage, Schacht, Spiegel, Tür und Zaun. In beinahe jedem Märchen wird von diesen Dingen erzählt.

Auch die vertikalen Übergangsformen spielen eine wichtige Rolle. In "Frau Holle" ist es ein Brunnenschacht, in "Der Räuberbräutigam" die Treppe in den Keller. Bei Michael Harner sind es tunnelartige Felsengänge, die dem Schamanen den Weg in einen anderen Wirklichkeitsbereich eröffnen. Hexen fliegen durch den Kamin, Jack klettert an einer Bohnenranke hoch, Jakob sieht Engel eine Leiter hinuntersteigen und im Zauberer von Oz trägt ein Wirbelsturm die Heldin ins Märchenreich hinüber.

In der keltischen Mythologie wird von einem Potter Thompson erzählt, der einen geheimen Tunnel unter der Burg von Richmond entdeckte und dort König Arthus und seine Ritter fand, die allesamt fest schliefen. Ein Horn und ein Schwert lagen neben den Schlafenden. Aber als Potter nach dem Horn greifen wollte, begannen die Ritter aufzuwachen. In Panik floh er und hörte:

Potter Thompson, Potter Thompson,
Hättest du das Schwert gezogen
Oder in das Horn gestossen,
Wärst du der Glücklichste auf Erden geworden.

Eine weitere Geschichte um diese Burg erzählt davon, wie ein Trommlerjunge durch einen unterirdischen Gang geschickt wird, um herauszufinden, wohin dieser führt. Er kam nie wieder heraus; nur sein Trommeln ist immer noch zu hören. Der Schauplatz einer ähnlichen Geschichte über eine Entdeckung des Königs Arthus ist Sewingshields (vgl. John und Caitlin Matthews, Lexikon der keltischen Mythologie (München: Heyne (1988) 1994 S. 152 f).

Im Geschehen vom 8. September 1971 liegen König und Königin auf dem Rücken. Sie sind nicht einander zugekehrt oder gar für Aussenstehende erkennbar aufeinander bezogen. Eine Beziehung wird nur sichtbar, wenn jemand einen "Tabubruch" begeht und Verbote missachtet. Die Königin hat sogar eine eigene Kapelle (Kirche) sozusagen 'ausserhalb' der ‚eigentlichen' Kirche, in welcher der König liegt. Beide sind nicht nur tot, sondern versteinert und streng voneinander getrennt. Jene, die ‚normal' zur Kirche (Nord-Süd-Ausrichtung, die Türme stehen südlich) gehen, können niemals sehen, dass der männlichen Gestalt eine Frau zugeordnet ist. Die Körper sind zwar gleich gerichtet -- nämlich von West (Kopf) nach Ost (Füsse) -- , aber sie liegen nicht auf derselben Ebene. Dies könnte damit zu tun haben, dass das Christentum das "Horizontal"-Weibliche total verdrängt hat und nicht sehen will, dass das "Loch" die Geschlechter miteinander verbindet und zudem ein Ort allerhöchster Gravitation ist.

Die Ausrichtung des Königpaares steht im Einklang mit dem Magnetfeld der Erde (horizontal)) und der Natur des Menschen (vertikal). Der Lösungsversuch des Christentums, der im Mittelalter getätigt wurde und in der Anordnung der Gräber zu Ausdruck kommt, ist vor allem deswegen unvollständig, weil die Vertikale im Sinne einer bewussten Beziehung mitsamt der Sexualität nicht miteinbezogen wird -- im Gegensatz beispielsweise zum Tantrismus.

Remo F. Roth schreibt dann in Die alchemistische Weltseele, das kollektive Unbewusste C.G. Jungs und die Konzepte der modernen Physik:

Wenn die coniunctio, die Vereinigung des Männlich-Göttlichen mit dem Weiblich-Göttlichen, erreicht ist, findet ein so genannter Austausch der Attribute statt: Physisches wird psychisch und gleichzeitig wird Psychisches physisch. Dieser letztere Prozess wird auch dargestellt durch den Umstand, dass die Weltseele sich vom Kreis in das Quadrat, von der Kugel in den Kubus entwickeln will. Sie symbolisiert daher auch die Lösung des uralten Problems der Quadratur des Zirkels.

Die Erlösung der Weltseele aus der Materie kann daher abstrakt gesehen als der Prozess der Überführung der Oszillation in die rechtsläufige Rotation dargestellt werden. Dieser Prozess ist heute konstelliert. Weder die Physik, die im Begriff der Neutrino-Oszillation stecken geblieben ist, noch die Tiefenpsychologie C.G. Jungs mit ihrer Symbolik des ambivalenten Mercurius der Alchemie (= Oszillation!) haben bis heute dieses Ziel der Rotation der Weltseele erreicht. Es wird einer zukünftigen Wissenschaft vorbehalten bleiben, diesen Prozess der Transformation der Oszillation in die Rotation als empirischen Prozess zu beschreiben. Dies dürfte nur gelingen, wenn dieser Prozess in das eigene Innere hinein genommen wird, da nur dort der hauchkörperartige Aspekt des physischen Körpers erlebt und so die physische in die psychische Energie umgewandelt werden kann. Diese Wissenschaft würde zugleich einer Vereinigung der Tiefenpsychologie mit der Physik, aber ebenso mit der Parapsychologie und der Biologie entsprechen. Eben diese "Hintergrundsphysik" hat Wolfgang Paulis sich aber gewünscht (siehe auch: Radioaktivität und Synchronizität im Briefwechel zwischen Wolfgang Pauli und C.G. Jung).

stercore

Die Alchemisten haben -- wie die Tantriker -- die mystische Hochzeit stets mit der gegengeschlechtlichen Sexualität verbunden. Konsequenterweise »beginnt das alchemistische Opus mit einem Abstieg. In stercore invenitur (im Dreck wird es gefunden) war ein wichtiges Motto dieser mittelalterlichen Mystik« (RFR Die alchemistische Weltseele, das kollektive Unbewusste C.G. Jungs und die Konzepte der modernen Physik).

Wenn nämlich die triebhafte und allzu menschlich scheinende Seite der Sexualität mit deren tiefsten religiösen Aspekten verbunden wird, eröffnet sich augenblicklich auch der Weg zu einem tieferen Verständnis des Tantrismus (vgl. ibid.). Dabei darf nicht übersehen werden, »dass das Motiv der coniunctio eines der zentralsten Themen der europäischen Alchemie darstellt» (ibid.).

Die Abbilddung zeigt, dass die spirituelle Sichtweise wie ein Adler wirkt, der mit mächtigen Schwingen die Menschenwesen aus dem Sumpf hochhebt und damit vor dem Erstickungstod und tiefster Beklemmung errettet. Mann und Frau haben sich gefunden und erblühen in einem ersten Verliebtsein in aller Naivität und Sorglosigkeit. Sie sind gepackt, getragen und beflügelt von der ersten Begegnung, elektrisiert von den ersten Berührungen. Nun beginnen sie sich als das zu sehen, was sie sind und entsteigen als nackte Wesen der Schlammflut der Einsamkeit und der Trübheit der Undifferenziertheit. Beide tragen sie noch an ihrer Triebhaftigkeit und scheinen sich unschlüssig darüber, diese fallen oder transformieren zu lassen. Denn es wäre vielleicht einfacher oder zumindest bequemer, vampirgleich das Männliche auszusaugen und seiner Kraft zu berauben oder wie ein Hase das Weibliche wahllos zu behoppeln und damit jegliche Kreativität zu verhindern.

Dass dieses Anfangsstadium als Voyeurismus und jeglicher Art von Sexkonsum zum Ausdruck kommen kann, zeigen die unzähligen xxx-Sites. Hier -- und nicht nur hier -- lebt sich etwas aus, das RFR den "hemmungslosen kollektiven Rausch des Eros in seiner archaischen Form der promiskuitiven Sexualität" bezeichnet (vgl. ibid.).

Textanfang

Teil 2


Konvertierung zu HTML Juni 2003
Homepage: http://www.oobe.ch
e-mail: werner.zurfluh@oobe.ch
©Werner Zurfluh